Zeittafel der Geschichte(n)

Die Geschichte Ortenbergs chronologisch sortiert. 

Prähistorische Zeit

Die ältesten auf der Gemarkung Ortenberg gemachten Funde sind aus der Steinzeit. Im Sommerhäldele wurden zwei Rippen und ein Stück Röhrenknochen gefunden, die auf die mittlere Steinzeit (ca. 9600 v. Chr. - 5000 v. Chr.) datiert wurden.¹

Der östlich des Schlosses auffindbare "Gluckele- oder Bibbelistein" ist ein in die späte Jungsteinzeit (5000 v. Chr. - 1800 v. Chr., Neolithische Revolution) datierter Menhir.¹

Bei der Untersuchung der alemannischen Besiedelungsspuren auf dem Keugeleskopf über Ortenberg werden Keramikscherben und ein den Berg umgebendes Befestigungssystem identifiziert, die auf eine hallstattzeitliche Besiedelung des Berges hindeuten.² (Die Hallstattzeit ist die ältere Eisenzeit ca. 800-450 v. Chr.)

1 gekürzt aus: Ortenberg, Schritte zurück in die Vergangenheit eines Ortenaudorfes, Franz X. Vollmer, Selbstverlag der Gemeinde Ortenberg, 1986 

2 Hoeper, Michael et al.: Völkerwanderungszeitliche Höhenstationen am Oberrhein, Heidelberg: Propylaeum, 2019

Zeitenwende bis 4. Jahrhundert - Römer, Germanen, Alamannen, Christentum

Als eine große Anzahl von Germanen unter der Führung des Ariovist den Rhein nach Westen überquert, um dort sesshaft zu werden, beauftragt der römische Senat den Feldherrn Gaius Iulius Caesar mit der Eroberung Galliens.¹ Zuerst erobert Caesar die linksrheinischen Gebiete (50 v. Chr.) 

Da sich Kaiser Augustus 12-9 v. Chr. zur Eindämmung militärischer Bedrohung dazu entschließt, das Römische Reich über den Rhein hinweg auszudehnen, betraut er seinen Stiefsohn Drusus mit der Eroberung des "freien Germanien". Unterstützt von der römischen Flotte, die über die großen Flüsse bis ins Landesinnere vordringt, gelingt es Drusus, die germanischen Stämme bis zur Elbe zu unterwerfen.¹ Damit wird dann auch das rechtsrheinische Gebiet römisch.

Kaiser Vespasian (Regierungszeit 69-79 n. Chr.) lässt die Straße Straßburg - Rätien bauen. Das Teilstück Straßburg - Rottweil führt durch das Kinzigtal. Wahrscheinlich läuft sie als Alte Strasse - Heidengasse durch die Ortenberger Gemarkung

250 n. Chr. durchbrechen die Alemannen den römischen Limes. Die Römer verlegen ihre Reichgrenze wieder zurück auf den Rhein. Ortenberg liegt aus östlicher Sicht nun vor der römischen Reichsgrenze.

343 wird Straßburg als Bischofssitz erstmalig erwähnt. ³

Durch Ausgrabungen auf dem Kügeleskopf [konnte] erstmals im südlichen Oberrheingebiet eine Befestigungsanlage des 4./5. Jahrhunderts auf einer frühalemannischen Höhensiedlung nachgewiesen werden. [Es fällt auf,] dass auf dem Kügeleskopf deutlich mehr Tafelgeschirr vorkommt als auf dem Geißkopf. Außerdem belegen die Hüttenlehmfragmente vom Kügeleskopf, dass dort Häuser mit Flechtwerkwänden gestanden haben. Das Webgewicht vom Kügeleskopf läßt auf Textilproduktion schließen. Insgesamt sprechen diese Indizien dafür, dass sich auf dem Kügeleskopf Familienverbände aufgehalten haben. 4

Bei Ausgrabungen auf dem Geißkopf [Berghauptener Gemarkung, gegenüber dem Geiskopf] haben sich keine Siedlungsspuren wie Pfostenlöcher oder Gruben ergeben. Jedoch zeigten flächendeckende Phosphatuntersuchungen und über 1300 Metallobjekte, die bei den Grabungen und weiteren Prospektionen gewonnen wurden, daß der Berg intensiv im Zeitraum von der zweiten Hälfte des 4. bis in die erste Hälfte des 5. Jahrhunderts besiedelt war. Das Fundspektrum unterscheidet sich wesentlich von dem der Höhensiedlungen auf dem Runden Berg bei Urach oder auf dem Zähringer Burgberg. Einer geringen Menge an Keramikfragmenten und weiblichen Trachtbestandteilen steht eine beträchtliche Anzahl an spätrömischen Militärgürtelteilen, Waffen, Werkzeugen und männlichen Trachtbestandteilen gegenüber, so daß diese Höhenstation nicht als Siedlung, sondern eher als alamannisches Heerlager zu deuten ist. Die insgesamt zehn bisher bestimmten römischen Münzen vom Geißkopf stammen aus dem Zeitabschnitt von der zweiten Hälfte des 1.Jahrhunderts v. Chr. bis zur Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr. Die Untersuchung und Bestimmung durch E. Nuber zeigt jedoch, daß außer den fünf Magnentius-Münzen (350–353) alle anderen stark abgegriffen waren.5

357 n. Chr. fand im Herbst die Schlacht von Argentoratum statt, bei der die Alamannenkönige Hortar, Suomar, Ur, Ursicinus, Vestralp, zehn Unterkönige sowie viele Adlige unter der Führung Chnodomars und seines Neffen Agenarich gegen das römische Heer stellten.  Nach den Aufzeichnungen des spätrömischen Historikers Ammianus Marcellinus sandte der römische Kaiser Constantinus II. seinen Vetter Julian (dem späteren Kaiser Flavius Claudius Iulianus) und den römischen Heermeister Barbatio, um die Alamannen zu bezwingen.  Die Schlacht fand auf der linken Rheinseite in der Nähe des heutigen Straßburg statt. Die Alamannen erlitten starke Verluste und Chnodomar musste sich ergeben, er wurde nach Rom verschleppt, wurde auf einem Triumphzug mitgeführt und starb in einem Fremdenlager in Rom.6

1 "Deutsche Geschichte. Was jeder wissen muss": Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek, Mannheim 2009, S. 8

2 "Die Häuser von Ortenberg" (1500-)1700-1945, Franz X. Vollmer, Selbstverlag des Heimat- und Kulturvereins Ortenberg, 1995 

3 "Vom Fürstbischof zu Straßburg zum Markgraf von Baden: Herrschaft Oberkirch", Heimat- und Grimmelshausenmuseum Oberkirch 2003, S. 2

4 "Der Kügeleskopf bei Ortenberg und Ohlsbach (Ortenaukreis)", Regierungspräsidium Stuttgart, Landesamt für Denkmalpflege

5 "Eine völkerwanderungszeitliche Höhenstation am Oberrhein – der Geißkopf bei Berghaupten, Ortenaukreis. Höhensiedlung, Kultplatz oder Militärlager?" Von Michael Hoeper und Heiko Steuer, mit Beiträgen von Christel Bücker und Jörg Lienemann. S. 61

Seite „Chnodomar“. In: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 22. Juni 2024

11. Jahrhundert - der Einfluss von Straßburg auf die Region beginnt

Der kinderlose fränkische Adlige Siegfried übertrug im Jahre 1070 "der Straßburger Kirche sein bestes Erbgut Ulmen und die Burg gleichen Namens im Gau Mortenowa, in der Grafschaft Chinzihdorf und Otenheim mit allem Zubehör..." (worunter die Güter im Sasbach-, Acher- und Renchtal verstanden wurden). Diese Schenkung ist die Grundlage der weltlichen Ausdehnung des Bistum Straßburgs rechts des Rheins.1

Von der Ullenburg existiert nur noch die Plattform in Tiergarten bei Oberkirch

1 Vom Fürstbischof zu Straßburg zum Markgraf von Baden: Herrschaft Oberkirch, Heimat- und Grimmelshausenmuseum Oberkirch 2003, S. 2

12. Jahrhundert - Tatenwilre

Mit dem Auftritt von Sigihelm von Tatenwilre als Dienstmannen des Herzogs von Zähringen erscheint erstmals Dattenweiler (ein früher Name Ortenbergs) im Jahr 1148. Zudem wird klar, dass Ortenberg nun im Herrschaftsbereich des Herzogs von Zähringen lag. 

13. Jahrhundert - Dotenwilre - Staufer, Straßburger, Habsburger

Die männlichen Zähringer sterben 1218 aus. 1233 ist die Burg nun staufische Reichsburg und Sitz staufischer Dienstmannen. Diese beuten den Besitz von Kloster Gengenbach in Tatenwilre aus. 

1241 Burg Ortenberg ist einer der 4 Reichssteuermittelpunkte der Ortenau.

1246 Burg Ortenberg wird vom Bischof von Straßburg (Heinrich III. von Stahleck) und seinen rechtsrheinischen adligen Helfern erobert. 

1271 König Rudolf I. von Habsburg macht die Burg wieder zur Reichsburg.

14. Jahrhundert - Dotenwilre wird Ortenberg

Die Straßburger Fürstbischöfe möchten die Landvogtei Ortenau in ihren Besitz nehmen. Bischof Bertold II. versucht im Jahr 1333, sie an sich zu bringen. Aber erst 1351 ging die Pfandschaft der Landvogtei mit den Städten Offenburg, Gengenbach, Ortenberg und Zell an Bertold II. über. Um die Pfandschaft antreten zu können, muss der Bischof seine anderen Gebiete verpfänden. Die Pfandsumme betrug anfangs 5.000 Gulden.

Dotenwilre ist Gericht und erneut Steuermittelpunkt.

In den Jahren 1358 und 1362 erhöhte der Kaiser Karl IV. die Pfandsumme um 14.700 Gulden. 2

Schon 1363 heißt das örtliche Gericht - wie auch die Burg - Ortenberg.

1, 2 Vom Fürstbischof zu Straßburg zum Markgraf von Baden: Herrschaft Oberkirch, Heimat- und Grimmelshausenmuseum Oberkirch 2003, S. 3

15. Jahrhundert - Straßburger Herrschaft

Der Boden Ortenbergs befindet sich größtenteils in Händen des Bischofs von Straßburg und seinen Gefolgsleuten. 

Am 8. April 1405 kaufte König Ruprecht für nur 4.520 Gulden den halben Anteil an der Landvogtei Ortenau. Die andere, bischöfliche Hälfte stand königlicherseits im Jahr 1437 für 23.500 Gulden zu Gebot, wurde aber nicht eingelöst. 1

Ab 1475 tauchen in den Andernacher Rheinzollrechnungen ein "Kyntziger" (Kinzigtäler) und ein Henne Ortenberger (vermutlich aus Ortenberg stammend) als Holzhändler auf. Sie transportieren Holz in Flößen und darauf Bretter und Sparren den Rhein hinauf.2

1497 wird die neue Bühlwegkapelle errichtet. 

1 Vom Fürstbischof zu Straßburg zum Markgraf von Baden: Herrschaft Oberkirch, Heimat- und Grimmelshausenmuseum Oberkirch 2003, S. 3
2 "Bin ich nach Holland mit einem Floß gefahren." - "Rheinhändel" Kinzigtäler Schiffer, ein Beitrag von Hans Harter in "Die Ortenau - Jahrbuch der Historischen Vereins für Mittelbaden", 101. Jahresband 2021, S. 54

16. Jahrhundert - die Burg wird vom Kaiser beschossen

1504 ist die Burg in der Hand der Kurpfälzer. Im Landshuter Erbstreit erkennt der Kaiser Maximilian I. das Erbe nicht an. Als die Kurpfälzer die Burg nicht zurückgeben wollen, werden Kanonen zusammengezogen und die Burg sturmreif geschossen. Der Kaiser verleiht die Burg an die Grafen von Fürstenberg. Hier findet Ihr die ganze Geschichte.

1507 wird die Bühlwegkapelle kirchlich privilegiert. 

1559 Das Kaiserhaus Habsburg löst die Pfandschaftsrechte des Bischofs von Straßburg und der Grafen von Fürstenberg ab. Ortenberg gehört nun zum habsburgischen Oberösterreich. Die Entscheidung zur Errichtung eines Kanzleihofs fällt. 

17. Jahrhundert - das Jahrhundert der Kriege - Zerstörung von Burg und Dorf Ortenberg

Der dreissigjährige Krieg betrifft auch Ortenberg. 1632/1634: Der schwedische Krieg erreicht Ortenberg: Drangsale und Gelübde des Barthle-Festes. 

Als neuer Landvogt 1688 kommt der Oberst französischer Herkunft namens "Carlo Neveu della Folie" in die Ortenau.

Im Holländischen Krieg wird 1678 die Burg Ortenberg von abziehenden französischen Truppen ruiniert. 

Im Pfälzischen Krieg 1688-1697 wird der Häuserbestand des Dorfes verbrannt. Auch der Kanzleihof fällt den Flammen zum Opfer. 

Im Jahr 1690 liegt das Reichsheer vor Ortenberg.

18. Jahrhundert

Der "Türkenlouis" bekommt 1701 die Landvogtei Ortenau und damit auch Ortenberg.

Der Nuhlgraben wird 1702 zum Schanzgraben und damit Teil der Abwehrfront "Kinziglinie" Kehl - Ortenberg

Die Franzosen erobern Ortenberg 1704. Die Bevölkerung flieht nach Osten.

Die erste Schule wird 1724 im Bühlweg 21 errichtet. Lebhafte Bautätigkeit und Zuzüge aus Ortender Rebdörfern, innerem Schwarzwald, Schweiz und Elsaß. 

1732 hat Ortenberg 745 Einwohner. 

Die Landvogtei Ortenau fällt 1771 an Habsburg zurück. Aufbau einer modernen vorderösterreichischen Verwaltung. 

1782 hat Ortenberg 865 Einwohner.

1788 Ortenberg hat eine selbständige katholische Pfarrgemeinde.

1789 im Zuge der französischen Revolution versammeln sich aufständische ortenauische Bauern auf dem Galgengrün. 

1796 wird Ortenberg durch französische Revolutionstruppen erstürmt. 

19. Jahrhundert

Schlossbesitz durch Theodor Freiherr von Hirsch.

Ortenberg ist Teil eines italienischen Fürstentums

Der spätere Reichskanzler der Weimarer Republik, Constantin Fehrenbach, wohnt 1877 in Ortenberg. 

20. Jahrhundert bis Ende 1. Weltkrieg

1900 - Alle Häuser in Ortenberg erhalten eine fortlaufende Nummer. 

1902 - Im Zuge der Restaurierung der Bühlwegkapelle wird erkannt, welch einen Schatz das Kirchlein enthält. 

1914 - 1918 - Leo Kaiser, bei Kriegsende ein hoch dekorierter Überlebender des ersten Weltkriegs, kämpft an allen wichtigen Fronten dieses Kriegs mit und führt ein Tagebuch, das überliefert wurde. Durch die akribische Arbeit von Jutta Collmann und Ruth Schmid konnte die Handschrift transkribiert und die Geschehnisse nachgezeichnet werden. Der dazugehörige Vortrag wurde aufgezeichnet und kann hier angeschaut werden. 

Ende 1. Weltkrieg bis Beginn 2. Weltkrieg

1923 - Ortenberg wird Grenzgebiet: Ortenberg wird von französischem Militär besetzt

1930 - Ein außergewöhliches privates Autorennen führt von Ortenberg nach Gengenbach. Die ganze Geschichte wird noch veröffentlicht. 

1940 - Alle Straßen in Ortenberg erhalten einen Namen.

2. Weltkrieg

Am 16.04.1945 endete der Weltkrieg für Ortenberg, als der Ort in einem mehrstündigen Gefecht von französischen Truppen erobert und besetzt wurde. Die Ereignisse dieses Tages wurden umfangreich aufgearbeitet von Markus Vollmer und wurden vorgestellt bei einem Vortrag in Ortenberg, 80 Jahre später. Dazu gibt es einen Aufsatz sowie die Transkripte von Zeitzeugen-Interviews

Ende 2. Weltkrieg bis 1960

1954 - Ortenberg erhält Straßenschilder und jedes Haus eine Hausnummer.